Die Datenschutzbehörde hat kürzlich zwei bemerkenswerte Entscheidungen getroffen, die datenschutzrechtliche Auskunftsersuchen gegenüber allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen betreffen. Diese Entscheidungen werfen ein neues Licht auf die Rechte und Pflichten von Sachverständigen im Umgang mit personenbezogenen Daten – insbesondere in strafrechtlichen Kontexten.
Hintergrund der Verfahren
In beiden Fällen (D124.1226/24 vom 17.3.2025 und D124.0748/24 vom 1.4.2025) wurden Sachverständige von der Staatsanwaltschaft mit der Erstellung von Befunden und Gutachten in Strafverfahren beauftragt. Im Zuge ihrer Tätigkeit verarbeiteten sie auch personenbezogene Daten von zwei juristischen Personen.
Diese Gesellschaften forderten gemäß § 44 Datenschutzgesetz (DSG) sowie Art. 15 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) Auskunft über die verarbeiteten Daten. Nachdem der Sachverständige die Auskunft verweigerte, wandten sich die betroffenen Unternehmen an die Datenschutzbehörde.
Die Rolle des Sachverständigen als „Verantwortlicher“
Die Datenschutzbehörde stellte zunächst klar, dass Sachverständige zumindest gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft bzw. dem Gericht als datenschutzrechtlich „Verantwortliche“ im Sinne des Art. 4 Z 7 DSGVO zu qualifizieren seien. Dies bedeutet, dass sie grundsätzlich verpflichtet sind, Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten zu erteilen – auch gegenüber juristischen Personen, sofern diese betroffen sind.
Kein absolutes Auskunftsrecht – Interessenabwägung erforderlich
Entscheidend war jedoch die Feststellung der Datenschutzbehörde, dass kein uneingeschränktes Recht auf Auskunft besteht. Stattdessen ist im Einzelfall eine Interessenabwägung vorzunehmen. Dabei sind insbesondere auch Geheimhaltungsinteressen Dritter zu berücksichtigen.
Im konkreten Fall argumentierte der Sachverständige, dass eine Auskunftserteilung die Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaft gefährden und auch die rechtliche Position potenzieller Privatbeteiligter im Strafverfahren beeinträchtigen könne. Die Datenschutzbehörde schloss sich dieser Argumentation an und erachtete die Verweigerung der Auskunft als gerechtfertigt.
Bewertung und Bedeutung für die Praxis
Die Entscheidungen betreffen zwar konkrete Einzelfälle, enthalten aber wichtige Klarstellungen: Sachverständige dürfen Auskunftsersuchen dann ablehnen, wenn berechtigte und höherwertige Interessen – etwa an der Geheimhaltung – überwiegen. Besonders in Strafverfahren kann dabei auf die Gefährdung der Ermittlungen verwiesen werden.
Streit um datenschutzrechtliche Einordnung von Sachverständigen
Bemerkenswert ist auch, dass die Datenschutzbehörde an der bestehenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts festhält, wonach Sachverständige als „Verantwortliche“ im Sinne der DSGVO gelten. Der Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs teilt diese Auffassung jedoch nicht. Aus dessen Sicht sind Sachverständige – unabhängig davon, ob sie im Auftrag eines Gerichts oder privat tätig sind – regelmäßig als bloße Auftragsverarbeiter zu behandeln.
Ausblick: Höchstgerichtliche Klärung notwendig
Die kontroverse datenschutzrechtliche Einordnung der Rolle von Sachverständigen wird vermutlich erst durch eine höchstgerichtliche Entscheidung abschließend geklärt werden. Bis dahin empfiehlt es sich, Auskunftsersuchen primär an das beauftragende Gericht oder die Staatsanwaltschaft zu richten – insbesondere wenn der Sachverständige im Rahmen eines staatlichen Verfahrens tätig wurde.
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